Gedichte 1910

Gedichte von 1910
aus dem Tagebuch von 1910

An einen Bekannten
Friede
Röslein
Trilogie der Liebe
An Esther
Was ist Liebe?
Frage
Zwei Vöglein saßen im Baume
Gänseblümchen

Vögleins Liebe
Bitte
Abends
Victoria regia
Nomen nescio
Mein Alles
Ein leises, banges Rauschen
Alle sprechen mir von Liebe
Ich will mein Leid verschweigen
Nach dir ein wildes Sehnen
Wir gingen still allein
Diu
Erinnerung
Mein Herz ist krank und elend
Ich hab mein ganzes Lieben
K. L.
Die kleinen Blümlein haben
Wie oft hab ich gesessen
Wie lieb ich dich habe, weiß ich nicht
Ein Traum
Noch schlief die Welt
Noch nicht
Ich bin so krank, so müd
Seit ich dich kenne
Wie auch mein Herz in Liebe leidet
Es wissen alle Blumen
Nach dem Sturm
Nur eines wüßt‘ ich gerne
Gib deine Schmerzen, Schicksal
Auf meines Herzens Harfe gleiten
K. L.
Karl Lange


An einen Bekannten, dem ich einen Tabakbehälter in Hundeform überreichte:

O sachte, sachte, seht ihr nicht,
dass ich sehr leicht zerbrechlich?
Ich bin ein armer Hundewicht
und auch ein wenig schwächlich.

Verstoßen ward ich immerfort,
vielleicht auch gar zerstoßen;
drum hab ich einen Gang sofort
zu Vogelhaupt beschlossen.

Die sind, so hieß es allgemein,
bekannt als fromme Leute.
stellt man sich auf die Hinterbein’,
sie kargen nicht mit Beute.

Sie sind so sanft und demutsvoll,
freigiebig und gemütlich.
Und stillvergnügt und ohne Groll
wusch ich mich appetitlich.

Zog mir den besten Hausrock an,
ein Frack ist er nicht grade;
doch sieht ihn gerne jedermann,
weil er nicht alt und fade.

Ein Mützchen setzt’ ich mir aufs Haupt,
die Farbe der Socialen;
doch ich bin keiner, mit Verlaub,
ich lieb’ die Liberalen.

Die Bibel nahm ich mir zur Hand;
natürlich nur zum Scheine.
Ich philosöffel wie Herr Kant
und dicht’ wie Heinrich Heine.

Drum nehmt mich auf, so weltgewandt
kommt selten einer wieder.
Herr Vogelhaupt, hier meine Hand:
Wir werden heut’ noch Brüder.


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Friede

(Nach einem engl. Gedicht von Henry Vaughan)

Es ist ein friedensreiches Land
unter des Himmels Höhe,
wo Sorge niemals Eintritt fand,
wo Gott stets in der Nähe.

Da sitzt der Friede, sanggekrönt,
über Streit und Gefahren,
und Einer, von der Welt verhöhnt,
wohnt dort mit heil’gen Scharen.

O, könntest du nur dorthin ziehn,
wo Friedensblumen an Geländen
und unverwelkt die Rosen blühn
und Liebe kann nie enden.


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Röslein!

Es stand ein Röslein auf sonniger Flur,
auf grünender, blühender Heiden;
manch prächtiges Käferlein macht’ ihm die Cour,
doch’s Röslein wollt’s nimmer leiden.

Da kam jüngst ein Schmetterling gaukelnd vorbei,
der nahm bald ihr Herzchen gefangen.
Nun spielten und neckten und liebten die Zwei
und küssten sich auf die Wangen.

Doch ach, er ward müde vom Liebesgescherz,
flog fort und kam niemals mehr wieder.
Das brach dem betrogenen Blümlein sein Herz,
sank tot auf der Heiden nieder.


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Trilogie der Liebe

Im schattigen Haine, wo Kräuter und Farn
und duftige Blaublümlein sprießen,
da hält der Waldmeister das Veilchen im Arm
und wagt es vor Lieb’ kaum zu küssen.

Im Felde in wogender, goldgelber Flut,
liegt die Nelke mit feurigem Kleide
in des Rittersporns Arm voller Liebesglut
und lauscht seinem schmachtenden Liede.

Am Ganges, verschwiegen in düsterer Nacht,
schluchzt die Lotosblume vor Sehnen.
Sie neiget ihr Haupt und entschleiert sich sacht
und senkt in den Fluß ihre Tränen.


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An Esther

Vergib mir, du einzig Geliebte,
ich will auch mein Leben dir weihn,
vergib, wenn ich oft dich betrübte,
lass alles vergessen nun sein.

Und was ich mit trotzigem Munde
dir sagte, begrabe es mit,
du wusstest ja nicht, welche Wunde
ich heimlich im Herzen erlitt.

Du wusstest auch nicht von der Liebe,
die oft ich zu töten versucht;
doch ihre gewaltigen Triebe,
sie trugen gewaltige Frucht.

Die Frucht ist jetzt aufgesprungen,
die Hülle des Holzes verschwand.
Die Liebe ist da, unbezwungen,
es fasst sie kein fesselndes Band.

Und frei kann empor sie sich heben
hinauf in die himmlischen Höhn,
mit luftigen Göttinen schweben
und in Sonnengluten vergehn.

Doch nicht nach des Äthers Gestalten,
nach des Zephirs schmeichelndem Hauch,
verlangt sie, (dank göttlichem Walten)
auf Erden gibt’s Göttinen auch.

Und solch einer Göttin auf Erden
gehört meine Liebe, mein Herz,
mein Fühlen und Denken und Werden
und Sehnen und Kummer und Schmerz.

Dir leg’ ich die Liebe zu Füßen,
mein Alles, mein Leben, mein Blut.
Auf Knien vor dir will ich büßen,
nur mach’ du mich glücklich und gut.


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Was ist Liebe?

Die Liebe ist die höchste Seligkeit.
Wer Liebe gibt, der wird sie nie entbehren;
so übe dich, o Mensch, in frühster Zeit
die Liebe jedem Wesen zu gewähren.

Besonders Armen wurde sie zuteil;
die brauchen sie in ihres Lebens Plagen.
Ein liebes Wort trägt oft noch größres Heil,
als alle Schätze dieser Erde tragen.


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Frage

Warum nur die Sterne so winken,
wenn mit dem Liebsten ich geh’
und so verschwenderisch blinken
herab von des Himmels Höh’?

Ich glaub’ gar, es sind seine Augen,
die euch so neidisch gemacht,
dass ihr vor lauter Verzweiflung
so üppig herniederlacht.

Ihr Sternlein, ach, lasst euer Prahlen,
es nützt euch ja doch alles nicht.
Die Augen des Liebsten strahlen
viel grüner als all euer Licht.


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Zwei Vöglein saßen im Baume,
aneinander geschmiegt so lind,
eins deckte mit seinem Flaume
den Andern, zu trotzen dem Wind.

Der Winter mochte wohl liegen
im Lande mit Hunger und Leid;
sie küssten sich stillverschwiegen
und träumten von sonniger Zeit.

Zwei Menschen vorübergingen,
sie sahen der Vöglein Brauch
und als um die Ecke sie schwanden,
da küssten sie heimlich sich auch.


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Gänseblümchen

Kleines Daisy, Tagesauge,
süßes, unschuldweißes Lieb
du mit deinem reinen Herzen
schilt nicht diesen Blumendieb.

Wär’ ich nicht vorbeigegangen,
ständst du noch im Schwesternkreis;
doch dein Blick hielt mich gefangen
und mich lockt’ dein Lilienweiß.

Leise küss ich deine Lippen,
leider wider dein Verbot,
denn du wehrst dich und jungfräulich
glühn die Wangen schamhaft rot.

Doch mir geht’s nicht sehr zu Herzen,
hat’s doch nicht so große Not,
denn ich weiß, um das Geringste
wird die liebe Unschuld rot.


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Vögleins Liebe

Wenn ein kleines Vöglein liebt,
so aus voller Brust,
es im Lied uns wiedergibt
alle Freude, alle Lust.

Laut es in den Lüften klingt,
was dem Höchsten frommt;
drum es zu Herzen dringt,
weil’s von Herzen kommt.


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Bitte

Müde ruhen meine Hände,
und die Augen fallen zu.
Tausend Grüße träumend sende
ich dir zu der nächt’gen Ruh.

Mögest freundlich sie empfangen,
du, ins Kissen weich geschmiegt,
von der Einen, die voll Bangen
sehnsuchtskrank darnieder liegt.


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Abends

Warum gibt’s keinen Gott? O dunkle Mächte
ich schreie euch sinnenlos vor Ängsten an.
Gäb’s einen Vater über Tag und Nächte,
sagt, hätte er mir solches angetan?

Die Welt ist voll von Zank und Streit,
wär‘ nicht die Lieb‘ daneben,
ich hätt‘ den Kampf um Lust und Leid
schon lange aufgegeben.

Doch sind wir, s’ist kein leerer Wahn,
nicht Schuld an Streitigkeiten.
Als Beispiel geht uns ja voran
der Gott seit Ewigkeiten.

Quillt Leben nicht aus seiner Hand
der stets vollkommen göttlichen?
Hat er uns nicht den Tod gesandt
den ewig unersättlichen?

Sie streiten wild und haßerfüllt,
ihr Sieg ist das Verderben.
Obgleich von göttlichem Gebild
sind Laster ihre Erben.

Ach Gott, das war nicht klug, den Tod
als Herrn uns zu ernennen.
Du hättest uns viel Qual und Not
dadurch ersparen können.


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Victoria regia

Dunkle Nacht, und ringsher Schweigen,
Abendwinde schluchzen leis,
und die Wasserlilien neigen
ihre Köpfchen, unschuldweiß

Und des Ufers Rand verzierend
steht das stolze Linsenkraut.
Wasserwesen schließen frierend
ihre Kelche, nachtbetaut.

Und die Königin der Blüten,
von Titania gekrönt,
schimmert sanft, und aus den Fluten
zauberhaft ein Klingen tönt.

Lauter werden diese Lieder,
und das Wasser schwillt und rauscht,
und die Woge hallt es wieder;
ahnungssüß ein Nixchen lauscht.

Da, durch dichte Wolkenschleier
dringt des Mondes Silberglanz.
Über dem verträumten Weiher
schwingt sich der Libellentanz.

Farbenschillernde Jungfrauen
wiegen sich in lust’gem Reiche,
und der Kön’gin Augen schauen
träum’risch noch vom Schlafen drein.

Denn die Nacht der Auferstehung
für die Königin erschien,
und der Hofstaat voll Ergebung
dient heut’ seiner Königin.

Und der Mond mit milder Rührung
blinkt so liebverklärt herab,
bis Aurora ihm die Führung
dieser Erde fordert ab.

Ach, dann schwinden Tanz und Töne
und der See schläft wieder ein,
und die Königin, die Schöne,
wird dann schon verblühet sein.


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Nomen nescio

O sag, warum muß ich dich lieben,
dich, der mein Herz nicht einmal kennt?
Du konntest mich so tief bedrücken
und hast mir keinen Blick gegönnt.

Ich weiß, was mich an dich gebunden,
dein Stolz, daß du nicht zu mir siehst.
Du willst mich herzlos, kalt verwunden,
- doch fühl ich, dass du für mich glühst.

O bleib so stolz, leid’ ich auch Schmerzen,
ich lieb’ die stolzen, freien Herzen,
auch wenn es mir die Brust zerschneidt’!

Ich will es keinem Menschen sagen,
daß einst mein Herz für dich geschlagen,
daß es um dich unsäglich litt.

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Mein Alles

Dich, dich sucht’ mein Aug’ vergebens,
alle Andern sonst sind hier,
nur der Inhalt meines Lebens
ach, der Inhalt fehlet mir.

Ich inmitten eitlen Strebens,
eitlem, kindischen Gezier,
und die Sonne meines Lebens,
ach, die Sonne fehlet mir.

Alles andre kann ich tragen,
doch dies Eine trag’ ich nicht.
Aller Lust kann ich entsagen,
deinem süßen Antlitz nicht.


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Ein leises, banges Rauschen
zieht durch die braune Heid’.
S’ist, als ob Blümlein tauschen
ihr tiefstes Herzeleid.

Ein blasses Sonnenscheinen
fällt auf die Flur herab.
Sie alle wissens und weinen,
weil ich dich verloren hab!


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Alle sprechen mir von Liebe,
alle sehn mich freundlich an,
nur der Eine, ach, der Eine
hat mir Böses angetan.

Hätt’ die Welt mich kalt verachtet,
trüg’s mit lachendem Gesicht.
Aber diese kalten Blicke
von dem Einen trag ich nicht.


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Ich will mein Leid verschweigen,
erheitern mein Gemüt.
Du Vöglein auf den Zweigen,
sing mir ein frohes Lied.

Das Vöglein sieht mir fragend
ins blasse Angesicht,
und da, ein Lied so klagend
aus seinem Herzen bricht.

Es hat für mich gefunden
kein Lied von Lust und Freud;
es sah ja gleich die Wunden
und all mein Liebesleid.


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Nach dir ein wildes Sehnen
ist wieder dieses Gedicht.
Ich möcht’ mich selbst verhöhnen,
und doch, ich kann es nicht.

Es schluchzt in meinem Herzen
nach dir ein heißer Schrei.
Es sind die alten Schmerzen
und dennoch wieder neu.


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Wir gingen still allein,
du nanntest mich dein Leben.
Da hab’ ein Blümelein
ich heimlich dir gegeben.

Doch hatte, ganz wie du
die Augen voll Bläue
und hatte, ganz wie du
ein Herzchen voll Treue.


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Diu

Und tust du jetzt noch immer
so kalt und so gesetzt,
als ob du keinen Schimmer
von meinem Dasein hättst.

Ich weiß, mit stillen Blicken
hast du mich oft bedacht,
und hinter meinem Rücken
hast du nach mir gefragt.

Soll ich nun daraus lesen,
dass Weiberfeind dein Sinn,
und dass ich deinem Wesen
so ganz gleichgültig bin?


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Erinnerung

Voll Sommersonne liegt die Welt,
zum Himmel steigen Lerchen,
ihr Lied uns jubelnd laut erzählt
ein sonnentrunknes Märchen.

Das klingt in süßem Freudendrang
von Glück und Liebessehnen.
Mein Herz horcht angstvoll, schreckensbang
und pocht in wildem Sehnen.

Zu spät. Es hat der Lerche Schlag
heraufbeschworen:
Es war ja auch ein Sommertag,
an dem ich dich verloren.


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Mein Herz ist krank und elend,
so elend und allein,
und könnte doch so selig,
unendlich selig sein.

Nur eine einzge Straße
des Wegs ein kleines Stück,
drinn hab ich meine Sonnen
und all mein Lebensglück.

So kurz der Weg, und dennoch
wagt keiner einen Schritt,
als ob uns beiden trennte
der Fluß des Heraklit.


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Ich hab mein ganzes Lieben
gegraben in einen Stein,
den warf ich in die Wellen,
des wilden Meers hinein.

Nun liegt mein tiefstes Fühlen
in des Meeres Herzen drin.
Die Wasserwogen spülen
achtlos darüber hin.

Nur manchmal sieht ein Fischlein
auf seiner Wasserbahn
mit fragend großen Augen
des Steines Zeichen an.

Und wie in süßem Ahnen
verlässt es diesen Ort. –
Die grauen Wogen wandern
gleichgültig drüber fort.


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K. L.

Du schreibst die schönsten Dramen,
betreibst Philosophie
und haßt sogar die Damen,
nun wohl, du hast esprit.

Doch wärest du noch schlauer,
du gäbest darauf acht,
ob du dem Schopenhauer
nicht zuviel nachgemacht.


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Die kleinen Blümlein haben
wohl meinen Schmerz geschaut.
Ich hab mit meinen Tränen
ja ihren Kelch betaut.

Da haben ihre Köpfchen
so bang nach ihr geblickt
und wie in stillem Grauen
verständnisvoll genickt.

Doch keine konnt’ mir helfen,
selbst Sonn’ und Vöglein nicht.
Nur Einer kann es, Einer,
und der, der will es nicht.


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Wie oft hab ich gesessen
im Walde auf der Bank
und hab meine Sehnsucht vergessen
bei süßem Vogelgesang.

Jetzt aber, wo mein Sehnen
nach Liebe sich erfüllt,
jetzt hilft mir auch kein Stöhnen,
das mein Liebesleiden stillt.


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Wie lieb ich dich habe, weiß ich nicht,
ich kann es mit Worten nicht sagen,
ich kann es nicht fassen in ein Gedichte
und kann’s auch allein nicht mehr tragen.

O käm doch jemand, der mich befreit’,
sonst müßt ich vor Liebe ersticken,
und wär es ein Wesen im Bettlerkleid,
ich würd’ es mit Schätzen beglücken.


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Ein Traum

Ein Traum, – wer will mir wehren
zu träumen mein Geschick?
Mehr will ich nicht begehren,
als nur erträumtes Glück.

So ist es gut. Das Leben
könnt’ mir nicht lieber sein,
auch wenn es mir gegeben
der Liebe Sonnenschein.

So aber laßt mich gehen
und glauben mich geliebt,
von einer reinen Liebe,
wie sie die Welt nicht gibt.


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Noch schlief die Welt. Am Meeresstrand
lag ich allein und träumte.
Der Wind pfiff übers kahle Land.
Das wilde Wasser schäumte.

Und wie die Wellen so voll Scherz
die Steine mit sich zogen,
da dacht’ ich an mein eignes Herz
und seine Lebenswogen.

Das liegt den harten Fluten preis
gleich jenen Meeressteinen,
und keiner von den Menschen weiß,
wie sehr ich drum muß weinen.


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Noch nicht

Noch hat die Liebe nicht gerührt
an meines Herzens Türe;
noch hat sie nicht mein Herz verführt
durch heiße Liebesschwüre.

Wohl mancher ewge Treu mir schwor,
doch schlecht ich es belohnte,
denn, ach, ich konnte weinen nur,
weil ich nicht lieben konnte.

Mein Herz ist wie das weite Meer,
solang der Wind der Liebe
nicht brausend zieht darüber her,
solang’ ist’s still und trübe.

Doch wenn der Liebe Allgewalt
ins Herz die Götter senden,
dann schäumt’s und braust’s und bricht sich bald
an schroffen Felsenwänden.


Zum Inhalt


Ich bin so krank, so müd’
von ew’gen Liebessehnen.
Ach, jedes kleine Lied
klingt nach vergossnen Tränen.

Das soll jetzt anders sein.
Herz, laß dein wildes Weinen.
Und wenn du brichst dabei,
du mußt doch glücklich scheinen.


Zum Inhalt


Seit ich dich kenne, lacht mir erst das Leben,
seit ich dich liebe, versteh’ ich auch das Leid.
Bevor Gott meinem Herzen dich gegeben
verging mir ohne Lieb und Last die Zeit.


Zum Inhalt


Wie auch mein Herz in Liebe leidet,
wie sehr in stummer Qual ich stöhn’,
ohne das wilde bange Sehnen
wäre die Lieb’ nur halb so schön.

Und wenn vor Liebesleid ich stürbe,
ich rief zum Himmel noch einmal:
„Herr, laß der Rose ihre Dornen
und laß der Liebe ihre Qual.“


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Es wissen alle Blumen
mein tiefes Herzeleid
und sind für meine Qualen
zu sterben gern bereit.

Was nützt mir euer Sterben
ihr süßen Blümelein?
Ich wüßt‘ wohl einen Andern,
der so bereit dürft‘ sein.

Ach, ich will von dem Andern
den Tod begehren nicht.
Ich möcht‘ ja nur sein Leben,
und das, das will er nicht.


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Nach dem Sturm

Nun schläft das wilde Meer, es schweigt
der Wogen empörtes Gebrüll.
Nur manchmal noch ein Zittern streicht
über das Wasser. – Sonst alles still.

Das ist wie einer Glocke Schall,
die in wildem Schmerz sich schwingt,
und, wenn vorüber Leid und Qual,
ganz sinnlich, ganz leise noch klingt.


Zum Inhalt


Nur eines wüßt‘ ich gerne
aus meiner Vaterstadt,
ob mich in weiter Ferne
mein Lieb vergessen hat.

Ihr sollt es heimlich fragen,
ob’s mir bewahrt die Treu‘,
wenn nicht, so könnt‘ ihr sagen,
daß ich gestorben sei.


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Gib deine Schmerzen, Schicksal, deine glutenwilden,
ich will sie schlürfen, schweigend, bis zum Grund.
Ich halt‘ s nicht aus auf deinen sonnigen Gefilden,
die Blumen sind mir viel zu schön und bunt.

Was nützt der Honig dem, der nicht erkannte,
wie man ihn aus den zarten Blüten zieht? –
Gib mir das Leid, das von der Welt verbannte,
sing mir des Lebens uralt Schmerzenslied.


Zum Inhalt


Auf meines Herzens Harfe gleiten
die Winde nicht mehr spielend hin. 
Jetzt ist's ein Andrer, der den Saiten
entlockt die tiefsten Melodien. 

Einst hing sie über Blumenbeeten
im Baum, der Äolsharfe gleich, 
sang, wie die Winde wechselnd wehten, 
bald wild bewegt, bald zart und weich. 

Das ist vorbei. Ein größrer Meister
die Saiten meiner Seele schwingt, 
und mit ihr, Kobold aller Geister, 
aus vollem Hals Klein-Amor singt. 

Zum Inhalt


Auf einer Postkarte

Meinem lieben Herrn Pastor Schmaltz in tiefster Ehrfurcht und Liebe nach seinem Tode gewidmet:

Wie oft mein Herz nach deinem Haus mich trieb’
Ich fände doch den alten Weg nicht wieder.
Wo einst die Liebe wuchs, die heilig süße Lieb’,
drückt Unkraut jetzt die zarten Keime nieder.


Zum Inhalt


K. L.

Kein Blick von mir soll jemals zeigen,
wie sehr mein Herz zu dir mich zieht.
Wie sehr, wie sehr es für dich glüht,
wird ewig dir mein Mund verschweigen.

Doch wenn einmal dein Herz so trübe
und hilfesuchend zu mir flieht,
dann zeig‘ ich dir ein kleines Lied,
doch sprechen kann ich nicht von meiner Liebe.


Zum Inhalt

Karl Lange

Kalt liegt die Welt im Winterkleide,
kein Lüftchen sich am Himmel wiegt,
kein Licht, das durch die Wolken bricht,
und schwarze Schatten schleichen durch die Heide.

Kein Lied erklingt aus froher Vogelkehle,
kein liebes Blumenköpfchen nickt im Wind.
Kein lebend Wesen – nur ein krankes Kind.

Komm, Liebster, komm, ich kann allein nicht weiter,
kalt lauert schon am Weg der bleiche Tod.
Komm, Liebster, rette mich aus Nacht und Not
und sei du mein Beschützer, mein Begleiter.

Zum Inhalt